Akutphase
Behandlung auf der Intensivstation
Sepsis-Patienten müssen oft auf der Intensivstation behandelt werden. Das kann einige Tage bis mehrere Wochen dauern, je nach Schweregrad der Erkrankung, den vorliegenden Grunderkrankungen und möglichen Komplikationen. Viele der Patienten befinden sich zumindest einige Zeit im künstlichen Koma und müssen künstlich beatmet werden. Auch hier ist die Dauer ganz unterschiedlich.
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Die Behandlung auf einer Intensivstation stellt für die Betroffenen eine Ausnahmesituation dar, geprägt von Ängsten, Schmerzen und der ungewohnten Umgebung. Menschen, die sich im künstlichen Koma befinden, können oftmals trotzdem Stimmen, Geräusche oder auch Schmerzen wahrnehmen.
Aus diesem Grund sollten Angehörige während eines Besuches mit dem Patienten im künstlichen Koma sprechen, gerne, wenn möglich, auch seine Hand halten. Dies kann beruhigend wirken.
Fakt ist:
Die Genesung verläuft in den meisten Fällen nicht kontinuierlich.
Für die Angehörigen ist die Situation gleichermaßen schwer zu ertragen. Sie wissen ihr Familienmitglied in einer lebensbedrohlichen Situation, angeschlossen an Maschinen. Oftmals verändert sich das äußere Erscheinungsbild eines Menschen durch die Schwere der Erkrankung. Da das Personal auf Intensivstationen ein hohes Arbeitspensum zu erledigen hat und sich sowohl die Ärzteschaft als auch das Pflegepersonal um viele kritisch kranke Patienten kümmern müssen, fallen die Angehörigengespräche manchmal reichlich kurz aus. Das führt bei den Angehörigen oft zu Unverständnis und schürt zusätzliche Ängste.
Um aktuelle Informationen zum Gesundheitszustand zu erhalten, ist es ratsam, das Vorgehen mit dem Personal abzusprechen. Bestimmen Sie innerhalb der Familie eine Person, die einmal am Tag die behandelnden Ärzte kontaktiert (telefonisch oder während eines Besuches) und das Ergebnis des Gesprächs dann mit den anderen teilt. Vermeiden Sie, dass sich jeder Besucher einzeln nach dem aktuellen Stand erkundigt. Zu empfehlen ist auch, sich die Fragen im Vorfeld zu notieren, um dann in der kurzen Zeit des Gesprächs nichts zu vergessen.
Die Genesung verläuft in den meisten Fällen nicht kontinuierlich. Oftmals gibt es nach Tagen der Besserung wieder Zeiten, in denen keine Fortschritte zu erkennen sind oder gar Rückschritte oder erneute Komplikationen auftreten. Aufgrund der Schwere der Erkrankung können dies leider auch die Ärzte nicht vermeiden oder vorhersehen. Sobald der Patient die Sepsis überstanden hat, wird er auf eine Normalstation oder, wenn möglich, umgehend in eine Rehaklinik verlegt.
Hintergrund
Viele weiterführende und detaillierte Informationen zu den Vorgängen auf einer Intensivstation sind in der Broschüre „Zeit auf der Intensivstation“ aufgeführt, welche Sie kostenfrei bei der Deutschen Sepsis-Hilfe anfordern können.
Was ist ein Delir und wie können Angehörige damit umgehen?
Einige Patienten entwickeln während ihres Aufenthaltes ein Delir, eine akute Verwirrtheit. Sie erleben eine Welt, die für andere keinen Sinn ergibt, ihnen selbst aber völlig real erscheint. Das kann sowohl für die Betroffenen als auch für die Angehörigen beängstigend sein. Ein deliranter Patient glaubt seinen Freunden und Angehörigen vielleicht nicht, wenn sie versuchen, ihn zu beruhigen – selbst wenn er sie erkennt.
Ein Delir kann sich auf zwei Arten zeigen: ganz offensichtlich für Außenstehende oder eher versteckt. Einige Patienten sind unruhig und ungehalten, was für die Angehörigen besonders belastend ist. Meistens aber läuft ein Delir ruhig ab, es macht die Patienten eventuell sehr schläfrig und ist für das medizinische Personal und die Angehörigen nur schwer zu erkennen. Ein Delir ist oft ein extremer Zustand: Entweder schlafen Patienten gar nicht oder sie schlafen fast die ganze Zeit; entweder sind sie ständig unruhig oder sie bewegen sich äußerst wenig. Wie auch immer es sich darstellt – ein Delir ist ein Anzeichen dafür, dass das Gehirn des Betroffenen nicht angemessen arbeitet, weil er sehr krank ist.
Gründe für ein Delir können Infektionen, Nebenwirkungen von Medikamenten oder auch Fehlfunktionen einzelner Organe wie Niere, Herz und Lunge sein. Ein Delir ist meistens nur vorübergehend. Es dauert normalerweise ein paar Tage bis zu einer Woche. Manchmal kann es jedoch länger dauern, bis es völlig verschwindet.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, um Patienten mit Delir zu helfen:
- Reden Sie mit der betroffenen Person, halten Sie ihre Hand, versuchen Sie sie zu beruhigen.
- Erklären Sie ihr regelmäßig, dass sie im Krankenhaus ist, und besprechen Sie mit ihr die Situation.
- Wenn der Patient Schlafmittel erhält und Sie sich nicht sicher sind, worüber Sie sprechen sollen, können Sie z. B. aus einem Lieblingsbuch oder aus der Zeitung vorlesen.
- Führen Sie, wenn das für Sie möglich ist, ein Tagebuch, in dem Sie aufschreiben, was jeden Tag passiert.
- Nutzen Sie ein Smartphone, um abends Gute Nacht zu sagen. Eine vertraute Stimme und ein bekanntes Gesicht helfen dem kranken Menschen, sich zu orientieren und zur Ruhe zu kommen.
- Zeichnen Sie Videobotschaften auf dem Smartphone/Tablet auf, die der betroffenen Person gezeigt werden können. Machen Sie beruhigende, orientierende Aussagen, z. B.: „Du bist im Krankenhaus. Wir wissen Bescheid. Die Schwestern, Pfleger und Ärzte kümmern sich gut um dich. Tu, was sie dir sagen, denn sie helfen dir gesund zu werden. Wir denken an dich und besuchen dich morgen. Wir haben dich lieb.“
Wenn Sie Fragen zum Delir haben, dann können Sie sich an Herrn Nydahl oder an die Geschäftsstelle der Deutschen Sepsis-Hilfe e.V. wenden.
Quellen:
P. Nydahl, S. Krotsetis und S. Köpke: Verwirrtheit – Delir auf der Intensivstation. Information für Angehörige des UKSH Universitätsklinikum Schleswig- Holstein
Intensivtagebuch
In der Erinnerung vieler Patienten fehlt der Zeitraum der akuten Phase der Erkrankung. Sie nehmen aufgrund des künstlichen Komas oder eines Delirs die Abläufe auf der Intensivstation gar nicht oder nur eingeschränkt wahr bzw. können diese nur begrenzt einschätzen.
Der Schlafrhythmus ist gestört und die Möglichkeit, die Dinge wahrzunehmen, eingeschränkt (liegender Zustand, Trennwände zu Nachbarpatienten, Geräusche aus anderen Zimmern). Daher erfassen die Patienten vieles falsch und bauen nachfolgend Ängste auf. Diese Ängste begleiten sie unter Umständen nach dem Krankenhausaufenthalt weiter. Ein Intensivtagebuch, welches während der akuten Krankheitsphase geführt wird, kann im Rückblick Fragen klären und somit Ängste abbauen.
Den Angehörigen kann ein solches Tagebuch helfen, die erfolgten Abläufe zu strukturieren, um sie später chronologisch wiedergeben zu können. Oftmals weiß man nach längeren Aufenthalten nicht mehr, zu welchem Zeitpunkt welche Entscheidungen getroffen wurden und wie sich der Gesundheitszustand des Patienten über die Zeit entwickelte. Fragt dieser dann später nach, ist der Angehörige vielleicht nicht in der Lage, korrekte und ausreichende Antworten zu geben. In der Folge kann der Patient das Erlebte schwerer verarbeiten und abschließen.
Deshalb mag es bei längeren Aufenthalten eines Angehörigen auf der Intensivstation ratsam sein, jeden Tag kurz ein paar Zeilen zum Verlauf aufzuschreiben.
Beispiele für Themen, die sich festzuhalten lohnen, sind:
- Wichtige medizinische Entscheidungen oder Eingriffe (z. B.: War heute eine OP nötig?)
- Außergewöhnliche Geschehnisse im Zimmer (Eingriffe am Nachbarbett, unruhige Mitpatienten etc.)
- Welchen Eindruck machte der Patient an diesem Tag (traurig, verwirrt, schläfrig etc.)?
- Welche Fortschritte oder Rückschritte gab es?
- Gab es wichtige persönliche, familiäre Entscheidungen; was tun die Angehörigen?
Dies können nur Anregungen sein. Natürlich ist Ihnen selbst überlassen, was Sie notieren und berichten wollen. Auch die Aufnahme von Fotos ist eine ganz persönliche Entscheidung. Die in die Behandlung eingebundenen Pflegekräfte können ebenso Einträge in das Intensivtagebuch vornehmen. Viele Intensivstationen in Deutschland beteiligen sich bereits an solch einem Vorgehen.
Wenn Sie Fragen zum Intensivtagebuch haben, dann können Sie sich an Herrn Nydahl oder an die Geschäftsstelle der DSH e. V. wenden.
Info & Hilfe
Auf der Website www.intensivtagebuch.de finden Sie viele hilfreiche Hinweise und Beispiele zu diesem Thema sowie eine Vorlage zum kostenlosen Download.
Behandlung auf der Normalstation
Nicht alle Sepsis-Betroffenen werden auf einer Intensivstation behandelt. Ist der Verlauf leichter und der Patient stabil, wird oftmals von einer intensivmedizinischen Behandlung abgesehen.
Das Ärzteteam kontrolliert jedoch die Entzündungswerte sowie die Vitalparameter, um sofort auf Veränderungen reagieren zu können. Die Gabe von Antibiotika, Flüssigkeiten und Sauerstoff sind auch auf Normalstation möglich. Viele Sepsis-Patienten verbringen nach dem Aufenthalt auf der Intensivstation noch einige Zeit auf einer Normalstation des Krankenhauses, bevor sie nach Hause oder in eine weiterbehandelnde Rehaklinik entlassen werden.
Entlassung nach Hause
Nach dem Aufenthalt in der Klinik bzw. in der Reha-Einrichtung kommen die Patienten oftmals nach Wochen der Abwesenheit wieder nach Hause. In vielen Fällen können sie Tätigkeiten des täglichen Lebens noch nicht wieder wie vor der Erkrankung ausführen. In diesem Fall sollten Sie mit dem Hausarzt die weitere Behandlung besprechen.
Denkbar wäre z. B. die gemeinsame Beantragung einer stationären Reha-Maßnahme, sofern eine solche noch nicht absolviert wurde. Ambulante Physio- und Ergotherapie sowie psychologische Unterstützungen sind weitere Möglichkeiten, um Kraft, Ausdauer und Belastbarkeit wiederzuerlangen.